Fenster der Wiesenkirche I

Gotische Kirchen sind Fensterkirchen. In der Romanik bestimmen die Mauern den Bau und den Raum: „Ein feste Burg ist unser Gott“. In der Gotik weichen große Teile der Wände den Fensterflächen. Der Raum reckt und streckt sich in die Weite, vor allem in die Höhe. Das wird besonders durch die Fenster betont. Mit ihren Spitzbögen erscheinen sie wie Lichtpfeile, die nach oben weisen, als seien sie gebaute Liturgie: „Erhebet eure Herzen!“
Allerdings ist diese Gotik nicht überall so vollendet gelungen wie in der Wiesenkirche mit ihren 33 Fenstern: 5 im Hauptchor, 2 im Nordchor, 3 im Südchor, je 4 in der Nord- und Südwand, je 3 in der Tauf- und der Gedächtniskapelle, darüber auf den Emporen auch jeweils 3, dazwischen das große Westfenster, dazu 2 in der Sakristei.

Die heutige Verglasung  stammt aus sehr verschiedenen Zeiten. Die Fenster in den Chören entstanden „Hand in Hand“ mit dem Aufmauern der Wände. Neben der Bauhütte wurde offenbar bald nach der Grundsteinlegung im Jahre 1313 auch eine Werkstatt für Glasmalerei eingerichtet; denn nach neuesten Erkenntnissen sind die Hauptchorfenster bereits in das erste Drittel des 14. Jahrhunderts zu datieren. Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Fenster einer groß angelegten Restaurierung unterzogen, die von Fachleuten hoch gelobt wird. Zu Beginn des 2. Weltkriegs (bereits 1939) waren die mittelalterlichen figürlichen Glasmalereien zusammen mit allen beweglichen Kunstwerken ausgelagert worden. Sie haben dadurch die Bombardierung der Kirche 1944 weitgehend überlebt und konnten wieder eingebaut und, wo nötig, ergänzt werden. Daher ist heute die Feststellung möglich und unbestritten: „Die Hauptchorfenster der Wiesenkirche bilden den größten erhaltenen Zyklus mittelalterlicher Glasmalerei in Westfalen“ (Viktoria Lukas).