Der Aldegreveraltar

Der Marienaltar im südlichen Seitenchor, wahrscheinlich um 1525 entstanden, ist kunstgeschichtlich besonders bedeutsam. Während der geschnitzte Mittelschrein noch ganz in der Spätgotik beheimatet ist, sind die beiden bemalten Seitenflügel schon deutlich vom diesseitigen Geist der Renaissance geprägt, ebenso die kleinformatigen Bilder unten auf der Predella. Die beiden Innenseiten der Seitenflügel stammen von dem berühmten Soester Kupferstecher Heinrich Aldegrever. Sie sind ein Frühwerk des Meisters.  
Die zentrale Darstellung des gesamten Altars ist die „Strahlenmadonna“: Maria im goldenen Gewand als Himmelskönigin mit dem Jesusknaben, umgeben von einem mandelförmigen Strahlenkranz („Mandorla“) mit goldenen Rosen, zu ihren Füßen die Mondsichel.
Links und rechts von ihr stehen zwei Heilige, die im bäuerlich geprägten Westfalen besondere Verehrung genossen: Antonius der Einsiedler, unter seinen Füßen besiegte Dämonen, und die Märtyrerin Agatha aus Catania/Sizilien.  

Die beiden Seitenflügel, prunkvolle Renaissance-Malerei, zeigen die Geburt Jesu und die Anbetung der Könige. Wir blicken in einen reich ausgestatteten Palast, nicht in einen ärmlichen Stall. Maria, in ein kostbares weites Gewand gekleidet, ist eine wohlhabende Bürgergattin, nicht mehr „des Herrn Magd“. Auf dem rechten Flügel ist die Freude des Malers an der prachtvollen Kleidung und dem exotischen Aussehen der Könige besonders gut erkennbar.  
In leuchtenden Farben zeigen diese Bilder eine recht diesseitige Freude am Detail und am Ornament. Die mittelalterliche Symbolsprache der Bilder ist für den Künstler bereits Vergangenheit.